Der Galeerensträfling : Roman

Jancar, Drago, 2015
0 Sterne
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Reservierungen 0Reservieren
Medienart Buch
ISBN 978-3-85256-661-0
Verfasser Jancar, Drago Wikipedia
Beteiligte Personen Olof, Klaus Detlef Wikipedia
Systematik DR.H - Historischer Roman
Verlag Folio-Verl.
Ort Wien
Jahr 2015
Umfang 341 S.
Altersbeschränkung keine
Reihe TransferBibliothek
Sprache deutsch
Verfasserangabe Drago Jancar. Aus dem Slowen. von Klaus Detlef Olof
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Hertwiga Kröss;
Ein Sitten- und Gesellschaftsbild vom europäischen 17. Jahrhundert. (DR)
Johann Ott, der alleinige Protagonist dieses Romans, ist sein Leben lang auf der Flucht. Es gestaltet sich schwierig, sich Essbares zu verschaffen, denn überall in den Dörfern wird ihm Misstrauen seiner abgerissenen Kleidung wegen entgegengebracht. Die Welt ist voll von Räubern und Schurken, die es auf das Hab und Gut und das Leben eines Bauern abgesehen haben. Außerdem gibt es die ketzerischen, lutherischen Wiedertäufer, Abtrünnige von der rechten Lehre, die es gnadenlos zu verfolgen und hinzurichten gilt. Auch Johann Ott bekommt die zerstörerischen Kräfte der Dörfler zu spüren, die ihn verdächtigen, ein Anhänger der Ketzer zu sein. Nur mit Mühe kann er entkommen und sich einer Gruppe von Kaufleuten anschließen, mit denen er über die Alpen zieht. Bis er wieder mit einem Wiedertäufer in Verbindung gebracht wird und Hals über Kopf vor dem Scheiterhaufen flieht. Schließlich landet er in der venezianischen Region, vom Bergkamm aus sieht er das Meer und eine Stadt zu seinen Füßen, in die er gehen will, um einen Schlafplatz und Essen zu besorgen. Doch die Stadt scheint menschenleer, alle verbarrikadieren sich in ihren Häusern vor der schrecklichen Krankheit, der Pest. Um Einlass zu bekommen, sieht Johann als einziges Mittel die Gewalt und hämmert auf die Türe ein. Soldaten schleppen ihn in den Kerker, Wochen später wird er wegen Zugehörigkeit zur Geheimgesellschaft des Zauber-Jackl, der er als Bettler und Kaufmann verkleidet angehört habe, um hier Chaos, Angst und Wahnsinn zu verbreiten, zu lebenslanger Galeerenstrafe verurteilt.
Jahrelang rudert er in Ketten durchs Mittelmeer, erträgt alle Schikanen und Qualen, immer die Angst im Nacken, einer der Sträflinge könnte die Pest einschleppen. Als er schießlich entkommen kann, stößt er überall auf Soldaten, die Pestverdächtige an der Weiterreise hindern sollen. Mit einer List gelingt es ihm zwar, seinen Weg fortzusetzen, aber er ist abermals auf der Flucht.
Der slowenische Autor setzt seinen Schreibstil mit wenig direkter Rede gezielt ein, um so die im 17. Jahrhundert verbreitete Abhängigkeit der Menschen von Aberglauben, Teufel und Obrigkeit eindringlich darzustellen. Die diversen Stationen des Protagonisten werden ebenso langwierig und umständlich beschrieben, wie auch der Verstand der ländlichen Bevölkerung damals gewesen sein mag. - Empfehlenswert.

----
Quelle: Pool Feuilleton;
In der Literatur kommt es immer wieder vor, dass ein Roman schon knapp vierzig Jahre versteckt im Umlauf ist und dann explodiert, wenn die Zeit reif ist.
Drago Jancars Roman ist durch die exotische Bezeichnung Galeot in den Buchhandlungsregalen eher nach hinten geschoben worden, erst die Bezeichnung "Der Galeerensträfling" hat ihn ins Blickfeld der Leserschaft gerückt. Viel mehr als durch den Titel ist der Galeot durch den Inhalt dynamisch geworden: Ein Refugee des Dreißigjährigen Krieges gerät von einem Desaster ins nächste.
Johann Ott sucht sich eines Tages, als die Kriegswirren immer näher rücken, ein Pferd und macht sich auf den Weg. Aber er kann dem Unglück nicht entkommen, weil es überall dort, wo er hinkommt, schon dort ist. Der ganze Kontinent ist verwüstet von Hexerei, Irrglauben, Pest und mobilen War-Lords. Gegen diese Welt gibt es kein Rezept, in einem Kapitel wird aufgezählt, was passiert, wenn man unter Folter gesteht oder nicht gesteht. Es ist bei diesem schizoiden Zustand der Welt einerlei.
Alle Gegenden sind menschlich entgleist, aus Salzburg strömt gerade ein Hexenclub in die Welt hinaus, in Tirol kann man wie zu allen Zeiten möglichst schnell durchreisen und ein kleines Nebengeschäft mit Tüchern machen. (98)
Überhaupt scheinen die reisenden Financiers und Wirtschaftstreibenden die einzigen zu sein, die sich halbwegs durchschlagen können. Ihnen schließt sich Johann Ott eine Zeit lang an, bis an einem heruntergekommenen Verwaltungszentrum wieder alles implodiert, ein Lokal-Kaiser auf der Flucht kriegt keinen Fick (186) und lässt die Gesellschaft zerbersten.
Nach einem Intermezzo bei einem Geheimbund um den Zauber-Jackl aus Salzburg wird er in Istrien jäh zum Leben als Galeerensträfling verdonnert. Jetzt ist plötzlich alles seitenverkehrt, er rudert und die Welt dreht sich um ihn. Die Welt ist klein geworden und paradox, je kleiner die Ruderschläge werden, umso größer wird das Firmament. "Die niedrige Kuppel des leeren Himmels!" (320)
Drago Jancar zeigt mit dem Galeot einen politischen Menschen, der zum ziellosen Herumirren gezwungen wird durch eine politisch aus den Fugen geratenen Welt. Das einzig Fixe wird schließlich das Schiff, auf das er zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt worden ist. Dort kann er als Ruder-Roboter einer unbekannten Macht als Antrieb dienen, ständig unterwegs, die Koordinaten sind immer richtig, weil es kein Ziel gibt.
Angesichts eines Kontinents voller Refugees und Galeots ein bedrückend spitzer Roman.
Helmuth Schönauer
Bemerkung Katalogisat importiert von: Rezensionen online open (inkl. Stadtbib. Salzburg)

Leserbewertungen

Eine Bewertung zu diesem Titel abgeben